Linsen alter Objektive drehen - eine Anleitung

 

Es kann eine reizvolle Spielerei sein, die Linsen alter (von mir aus auch neuer) Objektive zu drehen. Der Effekt ist meist der, dass sich zwar die Abbildungsqualiät verschlechtert, aber dafür können sich sehr interessante Bokeh-Effekte einstellen.

Hier deshalb eine kleine Anleitung, wie man an die Linsen gelangt, um sie zu drehen.

Für die Demo habe ich ein Helios 44-2 2,0 58 mm genommen, das sowieso schon erhebliche Gebrauchsspuren aufweist (Abb. 1) - man weiß ja nie.

Die Linsen werden von Ringen gehalten, die mit passendem Gewinde in das meist konische Objektivgehäuse geschraubt sind. Als Ansatz für das Herausschrauben dienen zwei gegenüberliegende Nuten (Abb. 2).

Wenn man geschickt und mutig ist, benutzt man dafür einen kleinen Schraubendreher (Abb. 3). Wenn man vorsichtig ist, kauft man sich dafür solch einen variablen Spannschlüssel (Abb. 4). Das ist im Grunde eine verstellbare Halterung für unterschiedlich geformte Spitzen, die zu den Nuten am Linsenhaltering passen. 

Zunächst stellt man den Spannschlüssel so ein, dass die Spitzen genau in die Nuten des Objektivs passen (Abb. 5). Dann setzt man den Spannschlüssel in die Nuten und dreht vorsichtig den Haltering los (Abb. 6).

Voilá: Hier haben wir das Objektiv, den Haltering und die Linse (Abb. 7). Jetzt kann man, falls erforderlich, das Innere säubern ... oder eben die Frontlise drehen (Abb. 8).

Achtung: Meist sind die Krümmungen der Linsen auf Vorder- und Rückseite unterschiedlich. Bei dem Helios ist die Vorderseite stärker konvex, während die Rückseite eher flach ist. Dies muss man berücksichtigen, wenn man das Ganze wieder zusammenmontiert. D.h. man muss kontrollieren, wie alles zusammenpasst, und man darf den Halterungsring nicht zu fest anziehen.

Die Demontage einer Rücklinse verläuft analog. 

 

Als Bezeichnung für gedrehte Frontlinsen habe ich aus der Facebook-Gruppe 'Wir, die Liebhaber der alten Linsen' den Begriff 'Frontmod' übernommen: Ich habe also jetzt ein Helios 44-2 Frontmod. - Analog verwenden sie dort die Begriffe 'Rearmod' und 'Midmod'.

 

Das Fotografieren mit gedrehten Linsen

Die folgenden Zeilen beziehen sich auf meine Erfahrungen mit meinem Helios 44-2 Frontmod. Verhalten und Ausprägungen des Bokehs mögen sich bei anderen Objektiven anders zeigen.

Das Wichtigste: Man muss probieren. Bei Kameras, die Blendenvorwahl bieten, hat man zumindest eine automatische Belichtungssteuerung. Aber die Fokussierung ist manuell und nicht immer einfach, da die gedrehte Linse sich natürlich auch einschränkend auf die Abbildungsqualität im Sucher auswirkt. Gut, wenn man eine Systemkamera mit Peak Focus oder einer Lupenfunktion hat. 'Aus der Hand' ist auch nicht einfach, deshalb kann es sinnvoll sein, ein Stativ zu benutzen.

Aber wie erzielt man jetzt Effekte wie in Abb. 9? 

Voraussetzung dafür, dass ein schönes Bokeh zustande kommt, ist ein strukturiertes Objekt im unscharfen Bildbereich, das möglichst deutliche Spitzlichter / Reflexe o. dgl. aufweist. Ich habe mal ein paar Testfotos geschossen (Abb. 10-12). Fokussiert man das Helios Frontmod in die Ferne, sodass das strukturierte Objekt davor liegt, so kommt es zu der reizvollen Kringelbildung an den Spitzlichtern (Abb. 10). Fokussiert man umgekehrt in die Nähe, sodass das strukturierte Objekt weiter weg liegt, dann kommt es zu der Wirbelbildung (Abb. 11). Abb. 10 und 11 sind Defokussierungen von der Euphorbia in Abb. 12.

Je weiter die Fokusebene vom Objekt entfernt ist, desto ausgeprägter ist der Effekt. - Abblenden mildert den Effekt wieder ab.

Abb. 9 ist eine Gegenlichtaufnahme bei Offenblende ins Blattwerk eines Ahorns mit schöner Herbstfärbung (Acer Wilsons Pink Dwarf), wobei auf den Zweig im Vordergrund fokussiert wurde.

 

 

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21.11.2014  -  © Garten-pur GbR